Austausch zum Thema “Frauen und Frieden in Kolumbien” am 30. März 2023

Als zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für Südamerika habe ich heute an einem Austausch zum Thema „Frauen und Frieden in Kolumbien“ teilgenommen. Bundesministerin Svenja Schulze (BMZ), die Koordinatorin für Zusammenarbeit und Partnerschaft der kolumbianischen Wahrheitskommission María Prada und die Koordinatorin von kolko e.V. Juana Corral standen hierzu Rede und Antwort. Die kolumbianische Regierung will die sozial-ökologische Transformation des Landes vorantreiben und dabei Frauen und ethnische Minderheiten in den Mittelpunkt stellen. So hat der kolumbianische Kongress bereits im Dezember 2022 die Einrichtung eines Ministeriums für Gleichstellung beschlossen. „Austausch zum Thema “Frauen und Frieden in Kolumbien” am 30. März 2023“ weiterlesen

NATO-Beitritt von Finnland und Schweden

Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie die CDU/CSU-Fraktion setzen sich dafür ein, dass Deutschland die Protokolle zum NATO-Beitritt von Finnland und Schweden ratifiziert. Das dafür notwendige Vertragsgesetz wurde heute im Bundestag beraten und im Anschluss an die 70-minütige Debatte verabschiedet.

Leider hat mich Corona von meinem ursprünglichen Plan abgehalten, während der heutigen Plenardebatte als zuständige Berichterstatterin der Arbeitsgruppe Außenpolitik der SPD-Bundestagsfraktion zum NATO-Beitritt der beiden Länder zu reden. Dennoch möchte ich Ihnen gerne meine Rede zur Verfügung stellen:

 

“Sehr geehrte Frau Präsidentin,

verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Ende Mai hatte ich die Gelegenheit, die NATO Battle Group in Rukla, Litauen zu besuchen und mit den Soldatinnen und Soldaten zu sprechen, die dort unter Führung der Bundeswehr stationiert sind. Hier in Berlin oder Brüssel sprechen wir von der NATO meist abstrakt als „Verteidigungsbündnis“ – doch es sind die Frauen und Männer, die in Rukla und anderswo unter Einsatz ihres Lebens für unsere Sicherheit einstehen, die wir damit meinen. Dafür gilt ihnen unser Dank!

Wer an der Ostflanke der NATO unterwegs ist, versteht, was „Bündnisverteidigung“ für die Menschen dort bedeutet. „Bündnisverteidigung“, das heißt gegenseitiger Beistand – politisch, aber in letzter Konsequenz auch militärisch. Nun, da unsere Sicherheit so stark bedroht ist wie lange nicht mehr, hat uns das Angebot zweier Staaten – zweier Freunde – erreicht, die sich diesem Gedanken des gegenseitigen Beistands anschließen wollen.

Finnland und Schweden sind bereit, ihren Beitrag zu leisten – und sie sind fähig dazu: Die beiden Länder verfügen über außerordentliche militärische Kapazitäten, ein stabiles politisches Regime und ein hohes Maß an Wille, sich gemeinsam mit allen 30 NATO-Partnern um Frieden und eine sichere Zukunft zu bemühen:

Finnland hat das 2 Prozent-Ziel bei Rüstungsausgaben bereits fast erreicht und bringt ein Heer von über 250.000 Soldatinnen – inklusive Reservisten – sowie eine starke Artillerie mit;

Schweden will ebenfalls binnen weniger Jahre das 2 Prozent-Ziel erreichen und seine Militärausgaben um etwa 40 Prozent steigern; außerdem verfügt Schweden über eine starke Luftwaffe.

Davon abgesehen befinden sich Finnland und Schweden in einer zentralen geostrategischen Lage – mit ihnen als Bündnispartner können wir für die Sicherheit rund um das baltische Meer und darüber hinaus im gesamten Nordosten Europas viel bewegen.

Doch die beiden Länder haben nicht nur großes Potenzial, unsere Verteidigungsfähigkeit zu verstärken, sondern können auch unmittelbar und nahtlos in die NATO-Verbünde integriert werden – denn sie sind schon heute in viele unserer Aktivitäten eingebunden.

Dass wir diese ausgestreckte Hand nicht ausschlagen, ist ein Gebot der Vernunft und für die meisten von uns auch Ausdruck einer tiefen Überzeugung. Nicht zuletzt ist es ein klares Signal an unsere eigenen Streitkräfte: Als Politikerinnen und Politiker arbeiten wir daran, das Bündnis und seine Fähigkeiten auszubauen. Auch im Verbund mit neuen Partnern.

Doch im Gespräch mit den Soldatinnen und Soldaten in Rukla ist mir klar geworden, dass es ihnen nicht nur darum geht, wie wir uns in Zukunft verteidigen. Sie wissen auch, wofür sie kämpfen. Und wir wissen das auch – denn die NATO ist nicht nur ein Bündnis des gegenseitigen Beistands, sondern auch eine Allianz gemeinsamer Werte.

Auch in dieser Hinsicht sind Finnland und Schweden ein großer Gewinn: Beide Staaten sind gefestigte Demokratien, streiten international für eine offene Gesellschaft und teilen unseren Wunsch nach einer Welt ohne nukleare Bedrohungen.

Mit ihrer feministischen, an Menschenrechten orientierten Außenpolitik stärken Finnland und Schweden auch unsere Interessen innerhalb der NATO.

Sie stehen unseren Prioritäten und strategischen Zielen näher als manch anderer Staat, der bereits Teil der NATO ist.

Deshalb ist unsere Zustimmung zur Aufnahme von Finnland und Schweden nicht einfach „Formsache“ – unser „Ja“ muss in dem Bewusstsein erfolgen, dass wir zwei Freunde und Partner für das Bündnis gewinnen, deren Beitrittswunsch uns stärker macht. Denn Finnland und Schweden wissen nicht nur, wie wir uns verteidigen können, sondern sie wissen auch, wofür wir es tun.”

Unterstützung des Friedensprozesses in Kolumbien

Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP setzen sich für die fortdauernde Unterstützung des Friedensprozesses in Kolumbien ein. Ein entsprechender Antrag (20/2572) wird heute im Bundestag beraten und im Anschluss an die 40-minütige Debatte abgestimmt.

Leider hat mich Corona von meinem ursprünglichen Plan abgehalten, während der heutigen Plenardebatte als zuständige Berichterstatterin der Arbeitsgruppe Außenpolitik der SPD-Bundestagsfraktion zum Antrag zu reden. Dennoch möchte ich Ihnen gerne meine Rede zur Verfügung stellen:

“Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete,

Wenn in Kolumbien für jedes Opfer des bewaffneten Konflikts eine Schweigeminute eingelegt werden würde, wäre es 17 Jahre still! Dies stellte der Präsident der Kolumbianischen Wahrheitskommission Francisco de Roux fest, als er Ende Juni den Abschlussbericht über den kolumbianischen Konflikt vorstellte.

Die Zahlen sind erschütternd: mehr als 450.000 Tote und über 90.000 Verschwundene, mehr als 8 Millionen Vertriebene, und fast 17.000 rekrutierte Kindersoldaten. Über 50.000 Menschen wurden als Geiseln genommen.

2016 konnte endlich der Friedensvertrag zwischen der damaligen Regierung und der ehemaligen Guerilla FARC unterzeichnet werden –  nach über 50 Jahren kriegerischer Auseinandersetzung. Das Abkommen war nicht nur ein wichtiger Schritt, sondern hat weltweit neue Maßstäbe für inklusive Friedensprozesse gesetzt. Es ist das erste Abkommen weltweit, dass die spezifische Rolle von Frauen für die Konfliktlösung anerkennt. Das Ziel ist es, einen dauerhaften und nachhaltigen Frieden und eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, die durch eine politische und wirtschaftliche Teilhabe aller Gesellschaftsmitglieder gekennzeichnet ist.

Der Abschluss der Friedensgespräche hat zunächst zu einem deutlichen Rückgang von Gewalt geführt, wenngleich der Frieden brüchig blieb. Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse hat vielerorts zu neuen Konflikten geführt, u.a. zu Morden an Menschenrechts- und Umweltaktivisten. Die Pandemie hat zudem die extreme sozioökonomische Ungleichheit, die Fragen der gerechten Verteilung von Land und den Zugang zu Ressourcen verschärft. Auch bei den landesweiten Protesten im vergangenen Jahr kam es zu einer beispiellosen Gewalteskalation, die  zwingend aufgearbeitet werden muss.

Trotz internationaler Unterstützung gelingt die Umsetzung des Abkommens teilweise bisher nur sehr schleppend. Ohne ernsthafte Schritte zur Friedenskonsolidierung und gesellschaftliche Aussöhnung besteht die Gefahr, dass der Konflikt wieder an Fahrt aufnimmt.

Die Verwirklichung des Friedens hat für das Land, aber auch für Deutschland und die internationale Gemeinschaft hohe Priorität. Zahlreiche deutsche NGOs, Kirchen, politische Stiftungen sowie das Deutsch-Kolumbianische Friedensinstitut CAPAZ leisten gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen vor Ort einen unverzichtbaren Beitrag zur Friedensentwicklung. Dafür möchte ich mich bedanken!

Mit Gustavo Petro wird zum ersten Mal in der 200-jährigen Geschichte Kolumbiens ein progressiver Präsident die Regierung anführen. Die Wahl von Petro und seiner afrokolumbianischen Vizepräsidentschaftskandidatin Francia Márquez ist ein wichtiges Signal für die Stärkung der Demokratie, des Friedensprozesses und des sozialen Zusammenhalts, das über die Grenzen Kolumbien hinaus strahlt.

Doch der Frieden ist nach wie vor ein langfristiger Transformationsprozess. Neben Maßnahmen zu einem gerechten Zugang zu Land im Rahmen einer Landreform bedarf es der Stärkung des politischen und zivilgesellschaftlichen Engagements. Teilhabemöglichkeiten von Frauen und marginalisierten Gruppen müssen geschaffen werden. Gesellschaftliche und politische Akteure müssen ihren Aufgaben in Sicherheit nachkommen können.

Mit der Veröffentlichung des Abschlussberichts der Wahrheitskommission tritt der Versöhnungsprozess in eine neue Phase ein – die es zu unterstützen gilt! Der Sicherheitssektor muss grundlegend reformiert werden. Wir müssen die neue Regierung in ihrer Bestrebung nach einer Justizreform unterstützen, die auf deren Unabhängigkeit und die Beendigung von Straflosigkeit abzielt. Eine „Kultur der Straflosigkeit“ hat zu mehr als 90.000 Verschwundenen geführt. Um die juristische Aufarbeitung der begangenen Verbrechen zu beschleunigen, plädieren wir dafür, die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden finanziell und politisch zu unterstützen.

Auf die neue Regierung warten gewaltige Aufgaben. Es zeichnet sich aber bereits jetzt ein Panorama ab, das der deutschen Politik Chancen bietet, die guten Beziehungen zu Kolumbien weiter auszubauen. Petro lässt keinen Zweifel daran, dass er den Friedensprozess entschlossen umsetzen und die soziale Frage in den Fokus stellen will. Auch im Umweltschutz hat die neue Regierung einen ambitionierten Richtungswechsel angekündigt.

Deutschland muss daher den kolumbianischen Friedensprozess und die gesellschaftliche Transformation auch künftig politisch und finanziell unterstützen.

Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.”