Meine Plenarrede zum 30. Jahrestag des Völkermords in Ruanda

Am 11. April 2024 habe ich im Plenum des Deutschen Bundestages gesprochen. Anlass der Debatte war der 30. Jahrestag des Völkermords in Ruanda.

Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Botschafter, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Über 800 000 Menschen – das ist eine schier unfassbar große Zahl an Leben, welche auf brutalste Art und Weise vor 30 Jahren in Ruanda ausgelöscht worden sind, und dies in einer unfassbar kurzen Zeit, nämlich innerhalb von 100 Tagen. Das war ein Blutrausch, der nicht enden wollte.

Um den Opfern gerecht zu werden, ist es die Pflicht der internationalen Gemeinschaft, sich immer wieder mit dem Versagen während des Genozids auseinanderzusetzen. Denn Ruanda 1994 darf es nie wieder geben!

Es ist dabei wichtig, zu verstehen, dass der Völkermord nicht aus dem Nichts entstanden ist. Er wurde medial vorbereitet, vorbereitet von einer Elite, die Angehörige der Tutsi beispielsweise als Kakerlaken bezeichnet hat.

In einer Gesellschaft, deren Gruppen während der europäischen Kolonialherrschaft gegeneinander aufgestachelt wurden, traf dieser menschenverachtende Hass auf fruchtbaren Boden. Und es gab mehr als genügend Warnsignale für alle, die etwas hätten unternehmen
können, wenn sie es denn gewollt hätten. Damit sich Ruanda 1994 nicht wiederholen kann, müssen wir gemeinsam dem entmenschlichenden Hass noch stärker entgegentreten, wo immer er auch auftritt.

Wir müssen global für gerechtere Lieferketten eintreten, damit materielle Verteilungskämpfe in ärmeren Gesellschaften abgemildert werden können. Und es reicht nicht aus, den Aufarbeitungsprozess nach 30 Jahren im
Land weiter zu unterstützen. Ja, das müssen wir auch tun. Aber wir müssen als Teil der internationalen Gemeinschaft eben auch die aktuellen Geschehnisse in der Region kritisch begleiten.

Das ist ein klarer Auftrag für das Auswärtige Amt und die Außenministerin. Die Unterstützung von Milizen im Osten Kongos seitens der ruandischen Regierung muss daher eingestellt werden; denn sie verursacht Leid und Vertreibung im Nachbarland, und das ist nicht zu akzeptieren.

Als der Völkermord vor 30 Jahren in Ruanda losging, hat die internationale Gemeinschaft nicht nur weggeschaut, nein, sie hat mit der Reduzierung der im Land stationierten UN-Truppen sogar den aktiven Schutz verweigert, dessen Menschen dringend bedurft hätten. Als internationale Gemeinschaft müssen wir uns daher ehrlich machen und unseren hohen Ansprüchen gerecht werden, insbesondere wenn es vor Ort brenzlig wird.

Wir haben drei grundsätzliche Leitplanken in der Außenpolitik und in unserem außenpolitischen Handeln, die nach wie vor gelten. Sie heißen „Nie wieder“, „Niemals alleine“ und „Diplomatie vor Gewalt“. Dennoch haben wir keinen ausreichenden Beitrag geleistet, um die Katastrophe vor Ort verhindern zu können.

Und der Völkermord in Ruanda hätte verhindert werden können. Das ist eine Erkenntnis und eine Mahnung, die uns alle gemeinsam verpflichtet.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit