Hier ist meine Rede vom 19.12.2024 im Deutschen Bundestag zum TOP 19: “Die demokratischen Kräfte in Venezuela stärken und den Wählerwillen des venezolanischen Volkes anerkennen”. Die Rede wurde zu Protokoll gegeben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Venezuela befindet sich in einer tiefen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise. Diese Krise hat schwerste Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Menschen. In Venezuela besteht eine erhebliche Unterversorgung bei den öffentlichen Dienstleistungen und es wird zunehmend schwerer für die Bevölkerung, an Lebensmittel zu gelangen.
Fast 8 Millionen Menschen haben das Land seit 2015 verlassen, was auch die Nachbarländer vor Herausforderungen stellt. Über 20 Millionen sind derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dekadenz und Korruption haben die Wirtschaft völlig zerrieben und das Bruttoinlandsprodukt Venezuelas ist in weniger als 10 Jahren um 80% gesunken.
Neben der Misswirtschaft kommen die Verbrechen der Regierung an der eigenen Bevölkerung hinzu. Ausführliche Dokumentationen internationaler NGOs berichten von willkürlichen Verhaftungen und schweren Menschenrechtsverletzungen. Zu den Opfern gehören politische Führungspersonen der Opposition, Menschrechtsverteidiger:innen, Gewerkschaftsmitglieder und Journalisten:innen. Aber auch „normale“ Bürger:innen sind einem ernsthaften Risiko ausgesetzt, von der Regierung verfolgt zu werden.
Verantwortlich für diese katastrophale Lage ist vor allem ein Mann: Nicolas Maduro.
Der unfaire Wahlkampf und der offensichtliche Wahlbetrug der Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr unterstreichen nur, dass es Maduro nicht um seine Landsleute geht, sondern nur um sich und seinen Machterhalt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, die Außenpolitik ist ein Bereich, in dem wir oft Parteigrenzen überwinden können. Wir unterscheiden uns sicherlich in einigen Punkten, keine Frage, aber wir teilen oft das gleiche Ziel. Besonders mit dem Blick auf den aufziehenden Wahlkampf, finde ich, wir Demokraten sollten das nicht vergessen.
Ich begrüße es daher, dass Sie als Opposition mit Ihrem Antrag viele Punkte aufgenommen haben, die die Bundesregierung in den letzten Monaten bereits angegangen ist. Gut, dass Sie uns hier den Rücken stärken.
Sie fordern die Bundesregierung auf, die demokratischen Kräfte in Venezuela zu unterstützen und sich für die Freilassung politischer Gefangener in Venezuela einzusetzen. Ich stimme Ihnen zu, das sind zwei wichtige Punkte. Deswegen ist es gut, dass die Bundesregierung genau das tut.
Beispielsweise mit ihrer Erklärung vom 04. August dieses Jahres. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern fordert sie hier, den Wählerwillen in Venezuela endlich anzuerkennen, verdammt die Gefangennahme von politischen Gegnern und pocht auf das Demonstrationsrecht. Schön, dass Sie das auch so sehen wie wir und wir hier gemeinsam sprechen.
Ich finde es auch gut, dass Sie der gleichen Auffassung sind, dass es harte Sanktionen für das Regime Maduros geben muss. Die Bundesregierung hat noch im Mai 2024 erneut der Verlängerung der EU-Sanktionen zugestimmt. Die Sanktionen umfassen ein Waffenembargo sowie Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten von Personen, die für Menschenrechtsverletzungen und der Untergrabung der Demokratie in Venezuela verantwortlich sind. Gut, dass wir auch hier einer Meinung sind.
Lassen Sie mich jedoch noch auf einen Punkt eingehen, der mich etwas gewundert hat. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, fordern in Ihrem Antrag, dass wir gemeinsam mit anderen Ländern gegenüber Maduros Regime agieren sollen. Zum Beispiel mit Brasilien und Kolumbien. Das ist sinnvoll und begrüßenswert.
Deutschland ist traditionell ein großer Verfechter multilateraler Zusammenarbeit. Nun haben Sie diesen Dienstag Ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl vorgestellt. In diesem betonen Sie zwar die Bedeutung des Weimarer Dreiecks und der EU, das stimmt. Aber ich konnte nichts zu multilateralen Formaten außerhalb der EU finden. Die Vereinten Nationen oder die G20 werden nicht mal namentlich erwähnt.
Ich frage mich: Habe ich hier etwas übersehen? Oder kehren Sie hier einer guten Tradition deutscher Außenpolitik den Rücken zu? Das wäre sehr bedauerlich… Gerade in dieser Zeit, müssen wir doch den Multilateralismus stärken, ja reformieren!
Abschließend können wir glaube ich dennoch sagen, dass wir uns in der Bewertung der Lage in Venezuela ziemlich einig sind. Aus Ihrem Antrag kann ich außerdem eine grundsätzliche Zustimmung zum Regierungshandeln ableiten. Danke dafür!
Die heutige Debatte können wir daher nutzen, um die internationale Aufmerksamkeit hochzuhalten. Das sendet zwei wichtige Signale nach Venezuela: Erstens, gerichtet an das Regime Maduros: Wir sehen genau, was ihr da macht! Gebt euch keinen Illusionen hin, dass die Wahlfälschung unter den Teppich gekehrt werden kann. Und das zweite Signal geht an die demokratische Zivilgesellschaft in Venezuela: Wir haben und wir werden euch nicht vergessen. Wir unterstützen euch auch zukünftig in eurem Streben nach einer freien und demokratischen Zukunft.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!